Titel :
Hypobare Therapie
Autor/Medium :
Robert Süss
Datum
5/2002
Höhenmedizin gegen Atemwegsinfekte

Eine Therapie macht Schlagzeilen. Und das zu Recht! Die hypobare (griechisch: Unterdruck) Therapie ist eine bei therapieresistenten Atemwegserkrankungen und starker Infektanfälligkeit äußerst wirksame physikalische Therapie, die keine Gaben von Medikamenten erfordert. Eine Aussage, die Hoffnung erweckt.

Gesünder LEBEN im Gespräch mit Mag. Alexander Daume, Rechtsträger des Institutes für Klimakammertherapie (Ambulatorium für Atemwegserkrankungen) in Wien über die seit 1954 vom obersten Sanitätsrat anerkannte Heilmethode.

400.000 Menschen in Österreich leiden an Erkrankungen der Atemwege, und bereits 10 % unserer Kinder an chronischer Bronchitis und Asthma bronchiale. Nicht immer führen alle medikamentösen Behandlungen zum Erfolg, oder der Patient entwickelt eine Resistenz. Und wer verabreicht seinen Kindern schon gerne Medikamente? Eine noch viel zu wenig bekannte Alternative, die hypobare Therapie, sorgt für Hoffnung auf Linderung.

Vordergründiges Ziel ist es, nebenwirkungsreiche Medikamente unter Nutzung der Besonderheiten des alpinen Klimas abzusetzen oder zumindest stark zu reduzieren.

Gesünder Leben: Herr Mag. Daume, warum und wie wirkt die hypobare Therapie bei Atemwegserkrankungen?

Mag. Daume: Bekanntlich haben Menschen, die sich in höheren Gebieten aufhalten oder leben, mehr rote Blutkörperchen, damit auch in "dünnerer" Luft gleich viel Sauerstoff gebunden werden kann. Der Organismus adaptiert sich sozusagen an das Klima. Den gleichen Effekt können wir in unseren Unterdruckkammern erzeugen. In der Unterdruckkammer können Verhältnisse simuliert werden, die einem Aufenthalt in 3.200 Meter Höhe entsprechen. Durch das keineswegs als unangenehm empfundene Atmen dieser "dünneren Luft" durch den veränderten Luftdruck in der Klimakammer kommt es zu einem künstlichen Reiz (leichter Sauerstoffmangel = milde Hypoxie), ähnlich dem "Reizklima" im Gebirge. Bei wiederholten Aufenthalten in "größerer Höhe" (z. B. 10 Sitzungen in der Klimakammer auf 3.200 m) kommt es zu positiven Veränderungen im Körper. Der medizinische Fachausdruck für dieses Prinzip lautet "physiologische Adaption".

Reaktionen des Organismus auf wiederholte Reizeinwirkungen werden nicht von einzelnen Organen gewährleistet, sondern von bestimmt organisierten und miteinander verbundenen Systemen (Herz-, Kreislauf-, Atmungssystem). Der Sinn der Veränderung ist vielfältig:
z. B. die Leistungssteigerung der Sauerstoffaufnahme- und Sauerstofftransportsysteme, die Aktivierung des Immunsystems und der stresslimitierenden Systeme (Krankheit = Stress für den Organismus).
Dies führt zu einer erhöhten Widerstandsfähigkeit gegen den künstlich einwirkenden Reiz, im weiteren Verlauf aber auch gegen andere Reize (z. B. Infekte).

Gesünder Leben: Welche Reaktionen werden dadurch ausgelöst?

Mag. Daume: Insbesonders bei chronischen und therapieresistenten Atemwegserkrankungen stellen sich folgende Therapieeffekte ein:
- Gesteigerte Sauerstoffaufnahme und -nutzung
- Verbesserte Durchblutung der Lunge
- Krampf- und schleimlösende Wirkung
- Verbesserung der Atemleistung
- Aktivierung der natürlichen Abwehrkräfte
- Erhöhung der physischen und psychischen Belastbarkeit und der Stresstoleranz
- Hebung des Allgemeinbefindens
- Schwinden schwerer Anfälle
- Deutlich weniger Erkältungen, grippeähnliche Erkrankungen und andere akute Atemwegsinfekte.

Gesünder Leben: Gibt es Nebenwirkungen?

Mag. Daume: Speziell bei Kindern ist ein vermehrtes Abschneuzen und Abhusten (Schleim/Sekret) nach den ersten Sitzungen möglich. Dies ist jedoch als positiver Effekt zu bewerten und bedarf keiner Behandlungspause. In einzelnen Fällen kann eine leicht erhöhte Temperatur als Reaktion der Abwehrkräfte auftreten. In so einem Fall kann man 1 - 2 behandlungsfreie Tage einschieben.

Gesünder Leben: Bei welchen Krankheiten haben Sie die besten Erfahrungswerte?

Mag. Daume: Erhöhte Infektanfälligkeit im Bronchialbereich; rezidivierende (wiederkehrende) Bronchitis; chronische Bronchitis; Asthma bronchiale; frühkindliches Asthma; chronischer Schnupfen (Rhinitis); allergische Rhinitis (Heuschnupfen); Nasennebenhöhlenentzündungen (Sinusitis); Verengung der Atemwege (spastische/allergische Bronchitis).

Gesünder Leben: Wie kann man sich den Ablauf einer Therapie vorstellen und wie bekommt man sie zugewiesen?

Mag. Daume: Nach telefonischer Voranmeldung erfolgt eine Voruntersuchung, bestehend aus ausführlichem Arztgespräch und Erklärung der Therapie, einer Anamnese (Ermittlung des aktuellen Gesundheitszustandes), Ermittlung der Sauerstoffsättigung durch Pulsoxymeterie. Der Therapieplan bei Kindern kann etwas von dem eines Erwachsenen abweichen. 2 moderne Klimakammern stehen für die Patienten von 9.00 - 19.00 Uhr zur Verfügung, Behandlungsbeginn ist immer zur vollen Stunde, und eine Sitzung dauert 55 Minuten. Alle Untersuchungen und Therapien werden in freundlicher Atmosphäre durchgeführt und sind absolut schmerzfrei.

Das Institut besteht seit 46 Jahren, und es wurden bisher mehr als 300.000 Therapiesitzungen durchgeführt. Seit 1990 gibt es einen Rahmenvertrag mit allen Kassen. Die Klimakammertherapie ist also eine Kassenleistung, die per Überweisung oder Verordnung vom Kinderfacharzt, Lungenfacharzt oder Arzt für Allgemeinmedizin verschrieben wird.

Gesünder Leben: Ihr Institut wird auch bei Fragen zur Vorakklimatisierung vor Höhenaufenthalten und dem Höhentraining von Ausdauersportlern kontaktiert. Was darf man sich darunter vorstellen?

Mag. Daume: Hier kommt die Sport- und Höhenmedizin (ausführliche Informationen auf www.hypoxia.at) mit ihren Erkenntnissen zum Einsatz. Die Universitätsklinik Innsbruck zählt ja auch auf diesem Gebiet zu den führenden Institutionen und hat gemeinsam mit der Hypoxia Medical Academy ein sensationelles Verfahren weiterentwickelt, mit dem man eine optimale Adaptierung an große Höhen vornehmen kann. Dies betrifft alle Spitzen- und Leistungssportler ebenso wie begeisterte Berggeher oder den Hobbysportler, der seine Lungenkapazität erweitern möchte, aber auch Menschen, die verschiedene Atemwegserkrankungen überwunden haben und selbst etwas für den weiteren Genesungsvorgang beitragen möchten.

Das Gelingen der akuten Höhenanpassung (Adaption) entscheidet über die Höhentauglichkeit und die Gesundheit in den Bergen. Die Adaption geht über in die relativ zur Höhe Tage bis Wochen dauernde Langzeitanpassung (Akklimatisation), welche die Korrektur des Sauerstoffmangels (Hypoxie) und die Normalisierung des Milieu interiéur (d. h. des Säurewertes, pH, durch Reduktion der Alkalireserve) zum Ziele hat. Das bedeutet, dass durch eine entsprechende Sitzungsserie eine perfekte Anpassung für den Aufenthalt in großen Höhen erfolgt, bei dem letztendlich eine ausreichende Sauerstoffversorgung der Muskulatur absolut notwendig ist. Nicht nur geringere Neigung, höhenkrank zu werden, sondern auch eine Verbesserung der Ausdauerleistung (= Kondition) durch geringeren Abfall der Sauerstoffsättigung des arteriellen Blutes bei körperlicher Belastung ist die Folge.

Wochenlange Vorbereitungsphasen in steigenden Höhen vor Ort sind durch die Entwicklung des "Intervall Hypoxietrainings" nicht mehr notwendig. Schon wenn Sie an Ihrem Reiseziel ankommen, sind Sie bestens akklimatisiert und können sofort volle Leistung bringen, da Ihrem Organismus (Atmungs- und Herzkreislauf-System) die Bedingungen schon bekannt sind.

Gesünder Leben: Wie lang vor der Reise muss eine solche Anpassung stattfinden ?

Mag. Daume: Der Zeitpunkt und die Häufigkeit hängt natürlich sehr stark von der Höhe ab, in der sich jemand bewegen möchte. Entsprechende Tests haben dann über Dauer und Häufigkeit zu entscheiden, auf jeden Fall sollte die erste Sitzung 10-14 Tage vor und die letzte Sitzung kurz vor Abreise stattfinden. In der Regel kann man aber sagen, dass etwa zehn Sitzungen schon eine recht gute Anpassung an eine Höhe bis 5.000 m gewährleisten.

Gesünder Leben: Wir danken für das Gespräch!






[zurück]